10 | 10 | 2023

Superkraft Kaleio

Das Magazin für Mädchen (und den Rest der Welt)

Die Macherinnen des Magazins für Mädchen ziehen 2024 ins Gemeindehaus Oekolampad. Wie sie sich die Arbeit am neuen Ort vorstellen und worauf sie sich freuen, erzählt Mitgründerin Martina Polek bei einem Besuch.

Drei engagierte Gründerinnen: Laura Simon, Martina Polek und Marta Kosińska.
Foto: Donata Ettlin

Durch das offene Fenster dringt der Lärm der Innerstadt. Regelmässig bimmelt ein an- oder abfahrendes Tram. Die Lebendigkeit des städtischen Alltags kontrastiert mit der beinahe sakral anmutenden Stille im alten Pfarrhaus. Ihre Räume sind hoch, das offene Treppenhaus und seine Hallen sind repräsentabel.

Hier, in einem kleinen Büro, produzieren die sechs Macherinnen des Magazins «Kaleio – für Mädchen (und den Rest der Welt)» die kommende Ausgabe. «Wir wollen Mädchen stärken», sagt Martina Polek, eine der Mitgründerinnen, und führt aus: «Indem wir über Astronautinnen, Lehrerinnen und Programmiererinnen berichten, zeigen wir, wie vielfältig die Welt und die Möglichkeiten für Mädchen sind. Mithilfe solcher Vorbilder wollen wir stereotype Rollen- und Geschlechtsbilder aufbrechen.» So gibt es im Heft die Rubrik «Diese Frau bewegt was», Rätsel und Experimente aus der MINT-Welt oder einen Comic über die neugierige Kira, die Frauen aus der Schweizer Geschichte begegnet.

Zusätzlich bieten die sechs Macherinnen von Kaleio Workshops für Schulklassen an, die gemeinsam mit einer Expertin für Positive Psychologie erarbeitet wurden. «Über 250 Mädchen und Jungs haben dadurch bereits ihre Superkräfte entdeckt», berichtet Martina Polek. «Die Kinder lernen, mit Stolz über ihre Charakterstärken zu sprechen, die Begabungen anderer zu schätzen und als gleichberechtigte Gruppe zusammenzuarbeiten.»

Superkräfte – auch im Team

Die Überzeugung, dass Vielfalt eine Gesellschaft stärker macht, leben die Kaleio-Macherinnen vor. Marta Kosińska, Laura Simon und Martina Polek leiten die Geschäfte der Genossenschaft. Sie sind demokratisch organisiert. Ob das nicht ein Risiko ist? «Nein, ganz im Gegenteil. Ein Dreierteam ist von Vorteil – gerade, wenn man in einem Projekt wie Kaleio erst mal über die Runden kommen muss. Unsere Entscheide sind besser, weil drei Köpfe mitdenken anstatt nur einer», sagt Polek. «So fällt es auch nicht ins Gewicht, wenn jemand mal einen schlechten Tag hat», fügt sie schmunzelnd an. Es brauche aber eine klare Rollenzuteilung und den Willen der Beteiligten, Verantwortung zu übernehmen. «Bei uns gibt es keine, die bloss zudient.»

Gegründet haben die Macherinnen das Magazin während des Lockdowns. Das sei gar kein schlechter Zeitpunkt gewesen, meinen sie rückblickend. In einer Zeit, in der viel Geplantes abgesagt wurde oder in Frage gestellt war, konnten sie mit einem neuen Konzept überzeugen und fanden die benötigten Fördermittel für die Lancierung des Hefts. Was die Finanzierung anbelangt, könne man sich aber nie zurücklehnen. «Fundraising ist eine Daueraufgabe», meint Martina Polek. «Am Anfang hatten wir das Magazin, dann kamen die Workshops dazu und nun sind wir an einem Punkt, an dem wir noch mehr Mittel für zusätzliche Ideen suchen.»

Eine Partnerschaft, wie jene mit der Wibrandis Stiftung, sei im Aufbau und der Entwicklung von Ideen natürlich besonders wichtig. Es ist auch die Stiftung, die Kaleio die Büroräumlichkeiten am aktuellen Sitz der Stiftung in der Innenstadt zur Verfügung stellt. Eine so grosse Nähe und Zusammenarbeit sei sehr speziell und inspirierend, betont Polek, und fügt an: «Am neuen Ort wird es bestimmt noch besser!»

Laura Simon, Marta Kosińska und Martina Polek in ihrem aktuellen Büro bei der Planung für das kommende Jahr.
Foto: Donata Ettlin

Ein Ort ungeahnter Möglichkeiten

Dieser neue Ort ist das Gemeindehaus Oekolampad, wo die Kaleio-Unternehmerinnen 2024 einziehen werden. «Ich bin gespannt auf das neue Umfeld mit vielen Menschen, die kreativ arbeiten und ebenfalls eine Wirkung in der Gesellschaft erzielen wollen», sagt Polek vorfreudig. «Ich bin ein Fan von offenen Orten und Räumen. Im Austausch kann sich so viel ergeben. Ich bin sicher, dass wir im Oekolampad mit anderen Ideen entwickeln werden, die wir uns heute nicht vorstellen können.»

Die Offenheit für neue Vorgehensweisen und Verbindungen ist bezeichnend für das Kaleio-Gespann. Die drei Gründerinnen haben sich als Nachbarinnen in einem offenen Büro für Selbständige kennengelernt. «Nur weil man am gleichen Ort arbeitet, ist man aber natürlich nicht zwingend in einem guten Austausch. Die gemeinsamen Räume und Prozesse müssen gepflegt werden», so Polek aus Erfahrung. Im Oekolampad wird Kaleio gemeinsam mit AMIE Basel den Gebäudeflügel bei der Oekolampadmatte beziehen. Die zukünftigen Nachbarinnen beabsichtigen, sich regelmässig zum Mittagessen zu treffen, um über gemeinsame Ideen zu beraten und Synergien zu nutzen. Kaleio möchte dabei unternehmerisches Denken und Handeln einbringen: «Wir haben Tempo und Motivation», meint Martina Polek und fügt an: «das ist im wahrsten Sinne Frauenpower!»

Von Grossmüttern und Enkelinnen

Im Oekolampad möchte Kaleio nicht nur innerhalb des Gemeindehauses neue Möglichkeiten und Kontakte schaffen, sondern auch ausserhalb. Man werde näher an der Zielgruppe und besser im Quartier eingebettet sein, so Polek. Dieser soziale Bezug ist ihr wichtig: «Wir möchten Einfluss auf die Strukturen und Räume nehmen, in welchen sich die Kinder entfalten. Das geht in einem durchmischten Quartier besser als im Businessviertel. Unser Anliegen ist es, unseren Beitrag zu leisten, dass die Genderstereotypen in der Gesellschaft schneller verschwinden. Dabei verstehen wir uns als Thinktank und Anlaufstelle.»

Was wohl Wibrandis Rosenblatt zu den engagierten Plänen der Macherinnen von Kaleio gemeint hätte? Martina Polek: «Ich stelle mir gerne vor, Wibrandis Rosenblatt ist unsere symbolische Grossmutter und wir schauen nun auf ihre Urenkelinnen.»

Fiona Imboden