11 | 10 | 2022
«Positiv gespannt»
Vier Stimmen aus der unmittelbaren Nachbarschaft zum Wandel des Gemeindehauses Oekolampad
Es wird gebohrt und gehämmert am Allschwilerplatz. Die Umbau- und Sanierungsarbeiten am Gemeindehaus Oekolampad haben gestartet. Bis zur Wiedereröffnung 2024 bleiben seine Türen geschlossen. Kurz vor den Sommerferien hatte die Öffentlichkeit nochmals die Möglichkeit, einen Blick ins Innere des Gebäudekomplexes zu werfen. Die Menschen aus dem Quartier kamen zahlreich am Tag der offenen Tür, um einen Rundgang oder die Gesprächsrunde zu besuchen. Das Interesse der Bevölkerung am Gemeindehaus Oekolampad und an seinem Wandel ist gross. Wir haben vier Anwohner*innen zu ihren Sorgen, Erwartungen und Hoffnungen befragt.
Positive Spannung auf die Öffnung
Stefan Blunier schaut aus dem Fenster seiner Wohnung an der Bündnerstrasse und blickt auf stattliche grüne Bäume. Er spricht von der «grünen Oase» und zeigt auf den Innenhof des Gemeindehauses Oekolampad. Er ist erleichtert, dass die Umnutzung äusserlich keine grossen baulichen Veränderungen mit sich bringt. Er hätte es bedauert, wenn die Oase etwa Wohnhäusern hätte weichen müssen.
Der 59-jährige Stefan Blunier hat drei Töchter und wohnt mit seiner Familie seit 1998 in unmittelbarer Nachbarschaft zum Gemeindehaus Oekolampad. Der Finanzexperte arbeitet im Bildungssektor und kennt die Geschichte des Gemeindehauses sehr gut. Er engagierte sich jahrelang als Finanzverantwortlicher im Vorstand der Oekolampad-Kirchgemeinde und im Vorstand der Mission 21. Dass mit dem Einzug der neuen Institutionen das Gemeindehaus wieder zu einem Ort der Begegnung werden soll, begrüsst Stefan Blunier.
Besonders interessiert ihn, wie sich die Kontaktstelle für Eltern und Kinder 4055 zum Quartiertreffpunkt für alle Generationen wandeln wird. Denn der Wunsch nach einem Quartierzentrum in der Bevölkerung sei spürbar. «Die Öffnung des Gemeindehauses Oekolampad ist eine grosse Chance», sagt Stefan Blunier. Die zukünftigen Institutionen würden einen grossen Sympathiebonus geniessen, weshalb er die Stimmung im Quartier als positiv gespannt wahrnehme. Die Befürchtung, dass aus dem Gemeindehaus Oekolampad ein zweckentfremdeter Veranstaltungsort mit beispielsweise rein kommerzieller Nutzung werde, der nicht ins Quartier passe, hätte sich revidiert. Weiterhin stehe jedoch die Sorge im Raum, dass es zu einer Belastung des Quartiers durch eine Zunahme des Verkehrs kommen könnte.
Als unmittelbarer Nachbar braucht Stefan Blunier nur wenige Schritte, um ins Gemeindehaus Oekolampad zu kommen. Diesen Weg dürfte er in Zukunft wieder vermehrt auf sich nehmen. Stefan Blunier kann sich nämlich vorstellen, das «neue» Gemeindehaus Oekolampad wieder regelmässig zu besuchen.
Sorge wegen Parkplatz-Suchverkehr und Lärm
Die 60-jährige Sibylle S. wohnt seit 1999 an der Schönenbuchstrasse und liebt die Ruhe im Quartier. Die Umnutzung des Gemeindehauses Oekolampad beobachtet sie deshalb aufmerksam und kritisch. Sie reichte eine Einsprache gegen den Umbau wegen Lärm und Parkplatz-Suchverkehr durch die neue Nutzung ein, die abgelehnt wurde. Sibylle S. erzählt, dass ein Gespräch mit Vertretenden der Wibrandis Stiftung hilfreich gewesen sei. Sie würde das Projekt aber dennoch ablehnen, wenn es eine Abstimmung dazu geben würde. Insbesondere sorgt sie sich um die Ruhe in der Schönenbuchstrasse. Sie ist überzeugt, dass die neue Nutzung des Gemeindehauses Oekolampad eine Zunahme des Verkehrs verursachen und die Parkplatzsituation für Anwohnende verschlechtern wird. Ebenso hat sie bereits schlechte Erfahrungen mit Lärm gemacht, den Besucher*innen von Veranstaltungen beim Verlassen des Gebäudes verursachen. Als Schichtarbeiterin im Gesundheitsbereich schläft sie zu unterschiedlichen Zeiten und ist speziell sensibel auf Lärm in den frühen Morgen- und in den Abendstunden.
Sibylle S. kennt als langjährige Nachbarin das Gemeindehaus Oekolampad gut. Sie besuchte viele Veranstaltungen, darunter den Adventsbasar der Anglican Church, den Glühpunsch der Kirchgemeinde am Santiglaus oder den Flohmarkt im Gemeindesaal. Gerne benutzt sie auch den Pingpongtisch in der Oekolampadstrasse. Sie ist deshalb auf die Neueröffnung durchaus gespannt, trotz aller Vorbehalte und Sorgen. Etwa darauf, wie der neue Quartiertreffpunkt aussehen wird. Anlässe wie ein Flohmarkt oder ein Adventsbasar hätten ein grosses Potenzial und würden bei vielen Menschen im Quartier auf reges Interesse stossen, ist Sibylle S. überzeugt.
Mit Menschen in Kontakt kommen
Wenn man den Hinterhofeingang zur Alterssiedlung Wibrandishaus betritt, hört man Kinderstimmen. Gleich nebenan befindet sich ein Kindergarten. Martina L. (Name geändert) freut sich über dieses Nebeneinander der verschiedenen Generationen. Die zufriedene 79-Jährige wohnt erst seit rund einem Jahr im Wibrandishaus. Neu im Quartier ist sie hingegen nicht. Die gebürtige Thunerin lebte seit ihrem Umzug nach Basel mehrere Jahrzehnte an der Schönenbuchstrasse.
Das Gemeindehaus Oekolampad kennt sie deshalb sehr gut. Sie besuchte dort regelmässig Vorträge, den Basar von Amnesty International und der Anglican Church oder nahm an Kursen teil. Die ehemalige Maltherapeutin freut sich deshalb, dass nach dem Umbau wieder Leben ins Gemeindehaus Oekolampad kommen wird. Martina L. ist oft im Quartier unterwegs und erhofft sich, im «neuen» Gemeindehaus Oekolampad mit vielen Menschen aus dem Quartier in Kontakt zu kommen. «Mein Leben war und ist Begegnung», sagt Martina L. lachend.
Ein Ort der Identifikation
«Wir schauen oft aus unserem Fenster auf das Gemeindehaus Oekolampad. Das farbliche Zusammenspiel der roten Fassade mit den grünen Bäumen ist beeindruckend schön. Das ist unser Fernsehen», sagt Lukas Kobel. Seit 17 Jahren wohnt der 55-jährige Leiter eines historischen Bildarchivs mit seiner Familie an der Ecke Ahornstrasse / Schönenbuchstrasse. Mit seinen vier Kindern, die heute zwischen 12 und 24 Jahre alt sind, besuchte Kobel regelmässig Veranstaltungen wie Suppentage oder das Kerzenziehen im Gemeindehaus. Für die ganze Familie war und ist das Gemeindehaus Oekolampad durch alle Umnutzungen der letzten Jahre hindurch ein wichtiger «Ort der Identifikation» geblieben. Auch der Turmfalke, der sein Nest hoch oben im Kirchturm hat, sei ein gern gesehener Nachbar der Lüfte. Das Gebäude mit seiner prägnanten Klinkerfassade und dem Turm sei eine Landmarke, die es einfach mache, von überall her den Weg nach Hause zu finden.
Er lebe sehr gerne im Quartier, vermisse aber eine lebendige Quartierkultur, sagt Lukas Kobel. Mit grossem Interesse habe er deshalb Infoveranstaltungen zur Umnutzung des Gemeindehauses Oekolampad besucht. Das Gemeindehaus Oekolampad biete mit den zukünftigen Institutionen den Menschen im Quartier die Möglichkeit, sich «über den eigenen Gartenzaun hinweg» zu begegnen, ist er überzeugt.
Als vierfacher Vater hofft Lukas Kobel, dass auch Jugendliche die Möglichkeit erhalten werden, sich Raum zu nehmen. Noch fehle ein Ort, an dem sie sich unbeschwert aufhalten könnten. Ein Basketballkorb, der aus Lärmgründen entfernt wurde und für die Jugendlichen ein wichtiger Ort für den Austausch war, ist bisher nicht ersetzt worden. Weiter bedauert Lukas Kobel, dass aus Gründen des Denkmalschutzes auf dem riesigen und nicht einsehbaren Dach des Gemeindehauses Oekolampad keine Fotovoltaikanlage installiert werden kann. In Zeiten der Energiekrise sollte dieser Entscheid überdenkt werden, wünscht er sich.
Die Vorfreude auf die neuen Nachbar*innen ist gross. Das Vorstadttheater kennt die Familie bereits sehr gut. Und vielleicht klappt es mit einer Tierpatenschaft für den Basler Wirrgarten, für die sich die Familie angemeldet hat.
Benedikt Pfister