01 | 02 | 2024

Mütter empowern

AMIE Basel hat ein neues Geschäftsleitungs-Duo. Seit einem halben Jahr leiten Judith Nydegger und Gülten Akgünlü den gemeinnützigen Verein, der Mütter auf dem Weg in eine Ausbildung oder in den Beruf begleitet. Mit dem Umzug ins Gemeindehaus Oekolampad sollen die Teilnehmerinnen von AMIE sichtbarer werden.

«AMIE hilft mir zu sehen, was ich alles kann und dass ich eine starke, selbständige Mutter bin», sagte eine junge Frau im Kursjahr 2021/22. Sie hatte am Kurs AMIE-Ausbildung teilgenommen, der das Herzstück der Arbeit von AMIE Basel ist. Die Teilnehmerinnen werden über ein Jahr lang begleitet und aufbauend auf den drei Säulen Beruf, Mutterschaft und Persönlichkeit geschult und gestärkt. Es geht nicht nur darum, den Rucksack für die Ausbildungs- und Jobsuche zu füllen, sondern auch, die Persönlichkeit der Frauen und ihre Rolle als Mutter zu stärken. Viele der Kursteilnehmerinnen sind mehrfach belastet: Sie sind alleinerziehend, haben eine Migrationsgeschichte, erlebten schwierige familiäre Situationen oder erfuhren Diskriminierung im Alltag. Oft fehlt auch ein Beziehungsnetzwerk für die Betreuung der Kinder.

So divers die Geschichten der einzelnen Frauen sind, gemeinsam sind ihnen das Mutter-Sein, aber auch das Fehlen einer Erstausbildung. Letztere Voraussetzung, um am Kurs-Angebot teilnehmen zu können, ist inzwischen wichtiger als das Alter der Frauen. 

Chancen des Umzugs ins Gemeindehaus Oekolampad

Seit Sommer 2023 sind Judith Nydegger und Gülten Akgünlü Co-Geschäftsleiterinnen von AMIE Basel. Neben dem Tagesgeschäft sind die beiden Frauen intensiv beschäftigt mit dem Umzug der Geschäftsstelle, des Standortes des Mutter-Kind-Moduls und der Kurs- und Coachingräumlichkeiten, die bisher an drei Standorten in der Stadt verteilt sind, ins Gemeindehaus Oekolampad.

Judith Nydegger (links) und Gülten Akgünlü tauschen sich in den Büros am Mühlenberg aus. Foto: Donata Ettlin

Sie sind gespannt, wie sich die Teilnehmerinnen mit ihren diversen Lebensläufen im neuen Umfeld einbringen und wahrgenommen werden. Die Zentralisierung der Aktivitäten im Gemeindehaus Oekolampad wird spontanere und niederschwelligere Begegnungen ermöglichen. Dabei hoffen die beiden Co-Geschäftsleiterinnen nicht nur auf einen Austausch mit den anderen Institutionen vor Ort, sondern freuen sich auch auf kürzere Wege für das AMIE-Team und ein gemeinsames Zuhause für die unterschiedlichen Angebote. Auch der Austausch der Frauen untereinander soll am neuen Ort noch besser und einfacher möglich sein und so das Lernen voneinander fördern. 

Über die Arbeit zu Migrationsthemen kennengelernt

Kurz nach Arbeitsbeginn von Judith Nydegger und Gülten Akgünlü begann der Jahreskurs von AMIE-Ausbildung, welcher zusammen mit dem Coaching Angebot AMIE-Job das Kernangebot darstellt. Die beiden Frauen kennen sich bereits von der Universität. Für das Soziologie-Studium kamen Judith Nydegger aus Solothurn und Gülten Akgünlü aus Arbon nach Basel. Nachdem sie sich aus den Augen verloren hatten, kamen sie über ihre Arbeit zu Migrationsthemen wieder in Kontakt. Nydegger arbeitete in der Rechtsberatung bei der Beratungsstelle für Asylsuchende der Region Basel und Akgünlü arbeitete an einer Ausstellung und beim Verein Mitstimme zu den Themen Inklusion und (politische) Partizipation. So war es nicht nur Zufall, dass sie sich als Mitglieder eines Netzwerkes für junge Wissenschaftlerinnen und Praktikerinnen wieder begegneten. 

Judith Nydegger ist Soziologin und zog von Solothurn nach Basel. Foto: Donata Ettlin

Die Geschäftsleitung von AMIE Basel teilen sie sich auf zwei 60-%-Stellen auf. Judith Nydegger ist für das Fundraising und die Finanzen verantwortlich, Gülten Akgünlü für die Personalführung und die Kommunikation. Beide sind auch im Bewerbungstraining im Kursangebot involviert oder führen die Coachings in zwei Projekten mit externen Partnern wie dem Frauenhaus Basel durch. Die gute interne Koordination und faire Verteilung der Aufgaben sind bei beiden wichtige Themen, weil sie selber kleine Kinder haben. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist für sie auch persönlich wichtig. 

Gülten Akgünlü ist bei AMIE Basel für die Personalführung und die Kommunikation verantwortlich. Foto: Donata Ettlin

Die Selbstkompetenz stärken

Judith Nydegger und Gülten Akgünlü kennen viele Herausforderungen der Teilnehmerinnen von AMIE als Mütter entsprechend aus eigener Erfahrung. Zum Beispiel, dass eine Mutterschaft viel Management und Koordination verlangt und dass eine Mutter auf diese Fähigkeiten stolz sein kann. Das Empowerment, das Stärken der Selbstkompetenz der Frauen, ist für Judith Nydegger und Gülten Akgünlü ein Kernanliegen von AMIE Basel. Das Konzept funktioniert. Wie in den Vorjahren schlossen auch 2022 mehrere ehemalige AMIE-Teilnehmerinnen erfolgreich eine Lehre ab, unter anderem im Gesundheitsbereich. Wohl in kaum einem anderen Arbeitsbereich sind aktuell gute Fachkräfte dringender gesucht.

Lesen Sie auch den Beitrag «Zum Beispiel Virginia» vom 5. Januar 2022.